Friedrichshain

Strausberger Platz ohne Ring

Der ikonische “Schwebende Ring” am Strausberger Platz in Berlin wird für mehrere Jahre demontiert. Die Entfernung des beliebten Brunnens, ein Wahrzeichen aus der DDR-Zeit, markiert den Beginn einer umfangreichen Sanierung.

Heute Morgen – ich hatte meinen hübschen braunen Nadelstreifen an und mal wieder eine Krawatte herausgekramt – machte ich mit meinem Hund an der Leine einen kleinen Umweg auf dem Weg ins Büro. Ein routinierter Blick zum “schwebenden Ring” auf dem Strausberger Platz. Moment mal! Zurückspulen. Der Ring ist weg, der Springbrunnen wird demontiert. Unser “Schwebender Ring”, dieses bizarr-liebenswerte Ding aus Sowjet-Chic und Sixties-Futurismus, hat sich aus dem Morgendunst gemacht.

Man hatte es kommen sehen, gewiss. Der Beton bröckelte schon länger, und das Wasser suchte sich Wege, die selbst ein Berliner Untergrundkünstler für zu avantgardistisch gehalten hätte. Die Folge: Betonkrebs. Trotzdem: Der nun leere Platz ist wie ein Gesicht ohne Brille – irgendwie nackt und ein bisschen verloren.

Veränderung und Wehmut

Für Außenstehende mag der Strausberger Platz nur eine überdimensionierte Verkehrsinsel sein, aber für uns Eingeweihte ist er mehr. Er ist der Ort, wo sich Monument und Profanbau die Hände zum Brudergruß erheben, wo Geschichte und Gegenwart aufeinanderprallen wie Currywurst und Trüffelpaste auf einer Vernissage. Morgens riecht er nach Erwartung und Werkbank, abends nach Feierabend und den Großstadtverheißungen. Und jetzt? Jetzt riecht er nach Veränderung.

Die Ampelanlage dirigiert weiter den Verkehr wie ein strenger Kapellmeister sein widerspenstiges Orchester. Die Autos kreisen um eine unsichtbare Mitte, Radfahrer schlängeln sich durch den Verkehr wie bei einem urbanen Hindernislauf. Berliner Alltag, könnte man meinen. Aber der fehlende Ring ist wie ein fehlendes Puzzleteil in einem sonst vollständigen Bild – die Leere schreit es geradezu heraus.

Der schwebende Ring kommt wieder

In ein paar Jahren soll er wiederkommen, unser Ring. Generalüberholt, kernsaniert, fit für die Zukunft. Bis dahin müssen wir uns mit der Erinnerung begnügen. Mit dem Gedanken an plätscherndes Wasser, das die Sommerhitze erträglicher machte. An die Kupferplatten, die in der Abendsonne glänzten wie frisch polierte Türklinken in einem Altbau.

Der Strausberger Platz ohne seinen Ring ist wie Berlin ohne Baustellen – unvorstellbar, aber irgendwie auch aufregend. Was wird kommen? Wie wird es sich anfühlen? Und vor allem: Werden wir bis dahin noch immer hier flanieren, oder hat uns die unaufhaltsame Welle der Stadterneuerung längst in die Randbezirke gespült?

Berlin ist der Strausberger Platz

Eines ist sicher: Der Platz wird sich verändern, so wie wir uns verändern, so wie sich diese Stadt ständig neu erfindet. Und vielleicht ist das genau das, was Berlin ausmacht. Diese ständige Metamorphose, dieses Nie-fertig-Sein, diese ewige Jugend in alten Mauern.

Also, ein stilles Prosit auf den Strausberger Platz! Auf seine Geschichte, seine ringlose Gegenwart und seine ungewisse Zukunft. Möge er uns weiterhin überraschen, herausfordern und faszinieren – ganz so, wie wir es von unserem geliebten, sich stets wandelnden Kiez gewohnt sind. Und möge der Ring bald zurückkehren, um wieder über uns zu schweben, als stiller Zeuge unserer täglichen Choreographie des Lebens.