Zum Konklave

Papstwahl: Prunk gesucht!

Weißer Rauch steigt auf über Rom

Das Konklave findet im Vatikan statt. Es versammeln sich die rot-gewandeten Kardinäle mit großen Siegelringen, Pektoralen und in Chorklamotte im ewigen Rom, um hinter verschlossenen Türen. Sie wollen den neuen Stellvertreter Christi küren. Der bisherige Papst ist am Ostermontag 2025 aus der Welt geschieden und wurde bereits mit allem gebührenden Pomp der Weltkirche in Santa Maria Maggiore beigesetzt worden.

Allenthalben Frauen sich Gazetten und Leute: wer wird neuer Papst? Das wissen wir schlicht nicht. Aber wir wissen was der neue Papst für einer sein soll.

Während die Kardinäle in ihren scharlachroten Roben durch die Gänge des Vatikans rauschen und miteinander in geheimnisvollen Konsultationen verstrickt sind, fragt man sich unweigerlich: Was braucht die Kirche heute? Welcher Mann soll den Fischerring am Finger tragen und die Sancta Sedes durch die stürmischen Gewässer des 21. Jahrhunderts navigieren?

Prunk nach außen, Punk nach innen

Die römisch-katholische Kirche steht vor einem fundamentalen Dilemma, das mir in einer heiteren Runde mit Freunden bewusst wurde, als wir über kirchliche Belange diskutierten. Die Institution gleicht in vielem einem DDR-Spießer mit seinem biederen Esprit – einer, der auf blitzblanke Fenster und gut gebügelte Oberhemden Wert legt, sich das hochwertige Sakko gönnt und sein Auto jeden Sonntag poliert. Doch derselbe Mann fährt am Wochenende selbstverständlich zum FKK-Strand und besucht das progressive Theater. Tradition nach außen und Punk nach innen – genau das braucht die Kirche heute mehr denn je!

Der Zugang zum Vatikan ist exklusiv und traditionell. © George Kourounis

Der neue Papst muss verstehen, dass die Menschheitsfamilie im Jahr 2025 nach Beständigkeit lechzt wie ein Dürstender in der Wüste. Die liturgischen Rituale, die festgeschriebenen Abläufe des Kirchenjahres, der unverwechselbare Duft von Weihrauch – all dies gibt Sicherheit in einer Welt, die sich mit Lichtgeschwindigkeit verändert und in der selbst die Bestandteile unserer täglichen Nahrungsmittel von Monat zu Monat neu zusammengesetzt werden.

Die päpstlichen Louboutins und das Herz für die Ausgestoßenen

Der neue Pontifex sollte die traditionsreiche Symbolsprache der Kirche meisterhaft beherrschen. Ich wünsche mir einen Papst, der die berühmten roten Schuhe trägt wie ein lebendiges Manifest gegen die Beliebigkeit unserer Zeit. Der den goldbestickten Ornat nicht aus falscher Bescheidenheit im Schrank lässt, sondern ihn stolz zur Schau trägt als Zeichen der Kontinuität einer Institution, die Jahrtausende überdauert hat. Haben nicht einige der letzten Päpste aus falsch verstandener Zurückhaltung manch prächtiges Ornamentstück abgelegt? Die Tiara, jene dreifache Krone, wartet seit Paul VI. darauf, wieder das Haupt eines Papstes zu schmücken – vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen?

Angezündete Votivkerzen im Saint Vincent College in Latrobe (USA).
Die Hoffnung der Menschen finden ihren Ausdruck in angezündeten Votivkerzen. © Megan McFadden / unsplash

Doch unter all diesem prunkvollen Gewand sollte ein Herz schlagen, das den Menschen zugetan ist wie das Herz Jesu selbst. Ein Herz, das versteht, dass der Heiland sich nicht mit den Etablierten seiner Zeit umgab, sondern mit Zöllnern, Soldaten und Huren – mit jenen, die keinen Tarifvertrag und keine Zahnzusatzversicherung hatten, um es in die Lebenswirklichkeit des deutschen Lesepublikums zu übersetzen. Ein Herz, das wie Jesus selbst einer Sünderin erlaubt, seine Füße mit kostbarem Öl zu salben und mit ihren Tränen zu benetzen, während die selbstgerechten Pharisäer sich entrüstet abwenden – so wie im Lukasevangelium erzählt wird.

Der Papst als Deutschrapper – ein unvollkommener Heiliger

Im Grunde genommen brauchen wir einen Papst, der wie ein Deutschrapper funktioniert: Nach außen hin blendet er mit Glanz und Gloria, mit Insignien der Macht und sichtbaren Symbolen des Erfolgs. Nach innen aber bleibt er authentisch, ein Mensch, der aus einfachen Verhältnissen kam und durch eine unvorhergesehene Wendung des Schicksals auf den Thron gespült wurde.

Der vielleicht ideale Papst, der im Jahr 2025 gewählt wird, hätte in seiner Vergangenheit Ecken und Kanten, vielleicht sogar einige pikante Frauengeschichten – hatte nicht auch Petrus sein wildes Leben, bevor er zum Fels wurde? Er wäre jemand, der die Nöte des modernen Menschen nicht nur theoretisch kennt, sondern sie am eigenen Leib erfahren hat. Er hat Freunde verloren und hat Liebesbeziehungen im Dungdunkel des elendigen Alltagsstresses vor die Hunde gehen sehen. Die Versuchungen des Fleisches, die Zweifel am Glauben – all dies sollte er durchlebt haben, um wahrhaft barmherzig sein zu können.

Der Sündenfall ist Teil der menschlich-zivilisatorischen Geschichte.
Der Sündenfall ist Teil der menschlich-zivilisatorischen Geschichte. © Pierre Voisin / Unsplash

Fridolin aus Kinshasa oder ein anderer?

Während ich diese Zeilen schreibe, lausche ich dem rhythmischen Beat von Pedro von Agatino Romero, Jaxomy und Raffaella Carrà – eine eigentümliche musikalische Untermalung für Gedanken über das Konklave, aber seltsamerweise passend für das Gemisch aus Tradition und Moderne, das die Kirche verkörpern sollte.

Der als „papabile“ gehandelte Kardinal Fridolin Ambongo Besungu aus Kinshasa kritisierte den Westen scharf für seine „dekadente Kultur“ und beklagte, dass man hier „keine Kinder möge“ und nicht mehr an Familie und Ehe glaube. Seine Worte klingen hart in den Ohren eines großstädtischen Freigeistes wie mir, der Wert auf Offenheit legt. Und doch – liegt nicht etwas Wahres in seiner Diagnose? Braucht die Kirche nicht einen Hirten, der unbequeme Wahrheiten ausspricht, während er gleichzeitig Brücken baut?

Menschen auf den Fluren des Petersdoms
Menschen suchen Traditionen und finden Trost im ewigen Prunk. © Anton Shcherbakov / Unsplash

Die Techno-Gläubigen und die wahre Haltung

Neulich diskutierte ich mit einer Bekannten über jene jungen Menschen, die nach durchfeierten Nächten direkt aus dem Berliner Techno-Club in die Frühmesse taumeln – das passiert eh viel zu selten. Manche mögen die Nase rümpfen über ihre geschundenen Partyklamotten und die chemischen Substanzen, die noch immer durch ihre Adern pulsieren. Doch ist ihre innere Haltung nicht wertvoller als die polierte Fassade so mancher Sonntagschristen?

Der neue Papst sollte genau dieses Paradoxon verstehen, dass wahrer Glaube nicht allein in der äußeren Form liegt, sondern in der inneren Überzeugung. Dass man die formvollendete lateinische Messe zelebrieren kann, während man gleichzeitig den verschwitzten Clubgänger mit offenen Armen empfängt.

Ein Brückenbauer zwischen den Welten

In einer Zeit, in der sich die Gräben zwischen progressiven und konservativen Katholiken immer weiter vertiefen, braucht die Kirche einen Pontifex im wahrsten Sinne des Wortes – einen Brückenbauer. Einen, der die Symbolkraft des Papstamtes in seiner ganzen barocken Pracht zur Geltung bringt und gleichzeitig den Mut hat, verknöcherte Strukturen aufzubrechen und festgefahrene Dogmen neu zu denken.

Die Einheit der Weltkirche zu fördern bedeutet nicht, Uniformität zu erzwingen. Es bedeutet vielmehr, unter dem gemeinsamen Dach des Glaubens Raum zu schaffen für unterschiedliche Ausdrucksformen der Spiritualität. In Afrika mag die Familie anders gelebt werden als in Europa, in Lateinamerika die Volksfrömmigkeit anders blühen als in Asien – und doch können alle gemeinsam das Brot brechen und den Weinverschnitt teilen.

Das wahre Zentrum des Glaubens

Während die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle ihre Stimmzettel ausfüllen und der Welt bald weißer Rauch verkünden wird, dass ein neuer Papst gewählt ist, sollten wir nicht vergessen, worum es im Kern unseres Glaubens geht: um den Menschen. Um sein Heil, sein Glück, seine Würde.

Es geht doch darum, dass der Mensch Sicherheit und Freude hat – selbst wenn die Freude wenige Stunden zuvor noch in einem scheinbar widerwärtigen Bereich eines Clubs genital vermittelt wurde. Die wahre Größe eines Papstes wird sich nicht an der Pracht seiner Gewänder messen lassen, sondern daran, ob er die Herzen der Menschen erreicht – aller Menschen, nicht nur jener, die schon immer brav in der ersten Kirchenbank saßen.

Möge der Heilige Geist den Kardinälen die Weisheit schenken, einen solchen Mann zu wählen. Einen, der Prunk und Punk, Tradition und Fortschritt, Heiligkeit und Menschlichkeit in seiner Person vereint. Amen – oder wie man sich in den Clubs dieser Welt gegenseitig klar macht: Das wird heute noch heilig!

Dieser Text wurde am 7. Mai 2025 in Berlin veröffentlicht.
Patrick Pehl
Profilbild von Patrick Pehl
Patrick Pehl spielte eine zentrale Rolle bei der Aufarbeitung der Berateraffäre im Bundestag, insbesondere als führender Chronist des Untersuchungsausschusses. Als freier Journalist begleitete er den Ausschuss intensiv und berichtete umfassend über jede Sitzung. Pehl ist bekannt für seine detaillierte Parlamentsberichterstattung und hat sich den Spitznamen "Mister PUA" (Parlamentarischer Untersuchungsausschuss) verdient. Er initiierte auch einen Podcast zur Berateraffäre, in dem er die Entwicklungen des Ausschusses einem breiteren Publikum zugänglich macht. Seine Arbeit erfordert ein tiefes Verständnis der politischen Strukturen, das er durch jahrelange Erfahrung erlangt hat.