Sojamilch beim Milchkongress
Auf einem Kongress der Milcherzeuger in einem schnieken Hotel in Berlin fand kürzlich ein Ereignis statt, das die Gemüter in der Milchwirtschaft erregte: Die Milch war aus. Man mag meinen, bei einem Treffen, das der Milch gewidmet ist, würde der Ausrichter sensibel auf die Beigaben am Heißgetränkebereiter achten. Doch die Realität sah anders aus: In hohen Glasgefäßen fanden sich Hafer- und Sojadrink, mit und ohne Zucker – daneben in kleinen Kännchen echte Milch von heimischen Tieren.
Wahrhafte Meister ihres Fachs erkannten die Chance und diversifizierten die Marktlage an den strategischen Punkten: den Heißgetränk-Entnahmestellen. Während die Alternativen durchaus ihre pragmatischen Befürworter fanden, zogen richtige Sahne und Milch heimlich die Aufmerksamkeit der Massen auf sich. Nach und nach schob sich nämlich ein buntes Band geleerter Marken-Tetrapacks den Tisch entlang, während die unbeschrifteten Glasbehälter der Ersatzprodukte am Abend kaum weniger Inhalt aufwiesen. Eine Molkereivermarkterin, deren Augen im Licht der Halogenstrahler des Tagungsortes funkelten, fasste die Stimmung mit wenigen Worten voller Weisheit zusammen: „Is‘ zwar ärgerlich, aber eigentlich könnte es nicht besser sein. So sieht man unsere guten Produkte viel besser.“ Recht hat sie!
Diese Kolumne habe ich für die agrarzeitung verfasst.