Bürokratie im BMVg

Der Bundesrechnungshof sah die Berateraffäre voraus

Statements Eröffnungssitzung des Berateraffäre-Untersuchungsausschuss, der Journalist und Berichterstatter Patrick Pehl ist ganz links im Pulk der Reporter zu sehen. // CC-BY Kenny S. Dettmers

Ein Kommentar zum Stand der Berateraffäre. Im Podcast zur Berateraffäre begleite ich die Aufklärungsarbeiten des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Berateraffäre. Es wird immer klarer, dass man auf seine Leute hören sollte.

Die jüngsten Enthüllungen zur sogenannten Berateraffäre im Verteidigungsministerium lassen selbst hartgesottene Beobachter der Berliner Politik mit ungläubigem Staunen zurück. Doch wer genauer hinsieht, für den offenbart sich ein altbekanntes Muster von Misswirtschaft und mangelnder Kontrolle, das schon vor fast zwei Jahrzehnten vom Bundesrechnungshof angeprangert wurde.

Schon 2006 legte der Bundesrechnungshof den Finger in die Wunde: Mangelhafte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, schwammige Leistungsbeschreibungen und eine großzügige Auslegung des Vergaberechts waren an der Tagesordnung. Die Parallelen zur aktuellen Affäre sind frappierend und lassen den bitteren Nachgeschmack zurück, dass aus vergangenen Fehlern offenbar wenig gelernt wurde.

Rechnungshof mahnt Transparenz an

Besonders pikant mutet an, dass der Bundesrechnungshof schon damals die fehlende Transparenz bei Beraterausgaben kritisierte. Heute, im Jahr 2024, sehen wir uns mit einem Geflecht aus Beraterverträgen und undurchsichtigen Vergabepraktiken konfrontiert, das selbst erfahrene Haushälter vor Rätsel stellt. Die vom Rechnungshof geforderte “haushaltsmäßige Transparenz” scheint nach wie vor ein frommer Wunsch geblieben zu sein.

Auch die mangelnde Erfolgskontrolle, die der Bundesrechnungshof 2006 bemängelte, findet in der aktuellen Affäre ihr Echo. Millionenschwere Beratungsaufträge wurden offenbar vergeben, ohne dass ihr Nutzen für die Bundeswehr klar erkennbar wäre. Das vom Rechnungshof geforderte “sachgerechte Projektcontrolling” scheint in den Tiefen des ministeriellen Apparats verschollen.

Besonders ärgerlich ist, dass der Bundesrechnungshof schon vor Jahren auf die Notwendigkeit eines behördenübergreifenden Wissensaustauschs hinwies, um Doppelarbeit zu vermeiden. Stattdessen erleben wir heute ein Beratungskarussell, bei dem dieselben Firmen für ähnliche Leistungen in verschiedenen Ressorts fürstlich entlohnt werden.

Missstände in der Bundesverwaltung sind hartnäckig

Die aktuelle Berateraffäre ist damit mehr als nur ein Skandal des Tages. Sie ist ein Lehrstück darüber, wie hartnäckig sich Missstände in der Verwaltung halten können, wenn Warnungen ignoriert und Empfehlungen in den Wind geschlagen werden.

https://berateraffaere.de/podcast

Es wäre zu einfach, die Schuld allein bei den aktuell Verantwortlichen zu suchen. Vielmehr offenbart sich hier ein systemisches Problem, das tief in den Strukturen der Ministerialverwaltung verwurzelt zu sein scheint. Die vom Bundesrechnungshof schon 2006 geforderte “sorgfältigere Prüfung der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit” von Berateraufträgen ist offenbar bis heute nicht zur gängigen Praxis geworden.

Dokumentation und Aufklärung der Berateraffäre

Was wir jetzt brauchen, ist nicht nur eine lückenlose Aufklärung der aktuellen Vorwürfe, sondern eine grundlegende Reform der Vergabepraxis für externe Beratungsleistungen. Die Empfehlungen des Bundesrechnungshofs von 2006 könnten dafür eine solide Grundlage bilden. Präzisere Leistungsbeschreibungen, mehr öffentliche Ausschreibungen und eine umfassende Dokumentation und Erfolgskontrolle müssen zur einzuhaltenden Norm werden.

Zudem sollte endlich ein wirksamer Mechanismus etabliert werden, der den Wissensaustausch zwischen den Behörden fördert und so teure Doppelberatungen vermeidet. In Zeiten knapper Kassen und wachsender Herausforderungen für die öffentliche Verwaltung können wir uns den verschwenderischen Umgang mit Steuergeldern schlichtweg nicht leisten.

Das ist eine Chance, endlich die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und eine Verwaltungskultur zu etablieren, die auf Transparenz, Effizienz und verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Mitteln setzt. Es bleibt zu hoffen, dass diese Chance nicht ungenutzt verstreicht – sonst diskutieren wir in weiteren 18 Jahren erneut über dieselben Missstände.